„Rätselhaft bleiben“ – so lautet die Regel 9 des Büros O&O Baukunst. Rätselhaft wirkt auch das Objekt „Sphinx“ und die begleitende Ausstellung, die von Prof. Christian Heuchel vom Kölner Büro O&O Baukunst für den Lichthof des Baukunstarchivs NRW kuratiert wurde. Ein kleines Bauwerk, in dem „10 Regeln der Baukunst“ gezeigt werden. Das textil bespannte Raumobjekt wurde am 11. Mai im Rahmen einer Vernissage der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu sehen bis zum 25. Juni im Baukunstarchiv NRW.
Für den geschäftsführenden Partner des Kölner Büros von O&O Baukunst muss Architektur rätselhaft sein, um Interesse zu wecken und zu überdauern. Die „10 Regeln zur Baukunst“, die in der Ausstellung auf einer Tafel und innerhalb der „Sphinx“ in einer Videopräsentation vorgestellt werden, sah Christian Heuchel als Orientierung und Herausforderung. „Wenn Sie bei einem Projekt drei davon einhalten, würden wir sagen: Sie sind auf einem guten Weg.“
Im Gespräch mit Prof. Wolfgang Sonne erinnerte Heuchel an den kulturellen Auftrag von Architektur. „Eine Sphinx, eine Pyramide ist ja ein Wahnsinn – gebaut von Tausenden für eine einzige Person.“ Dennoch seien solche Bauwerke kulturell notwendig. Heute müsse neu gesellschaftlich verhandelt werden, wie verantwortlich gebaut werden kann mit Blick auf Ökologie, Ökonomie, Soziales und Kultur. Dabei müsse nicht alles neu erfunden werden. „Architektur baut – wie alle kulturellen Leistungen – auf dem Wissen und den Ideen der Vorgängergenerationen auf“, erklärte Christian Heuchel. „Besser gut geklaut als schlecht selber gemacht“, postulierte er mit Blick auf die Regeln 2 „Nichts erfinden“ sowie Nummer 5: „Fremde Ideen weiterspinnen.“
„Die Sphinx ist eindeutig vom Bild her“, meinte Prof. Rolf-Egon Westerheide zur Begrüßung im Baukunstarchiv NRW. Die Ausstellung sei vieldeutiger als das historische Vorbild. 10 Regeln der Baukunst aufzustellen, müsse in dieser komplexen Welt als ein mutiges Unterfangen gewertet werden, erklärte Westerheide. „Gerade mit der Regel 3, alles zu mischen, sprechen Sie mir allerdings aus der stadtplanerischen Seele“, sagte Rolf Westerheide an Prof. Christian Heuchel gerichtet. Die Ausstellung zeigt auf zehn großen Tafeln mit Kreidezeichnungen von Laurids Ortner wichtige Bauwerke von O&O Baukunst. Das Beispiel des Landesarchivs NRW in Duisburg zeige prototypisch, wie Prof. Heuchel mit seinem Kölner Team viele der zehn Regeln ganz offensichtlich befolgt habe – und das mit großem Erfolg.
„Wir präsentieren hier eine Ausstellung des Büros O&O Baukunst, mit der Choreografie von Christian Heuchel und der Kölner Dependence des Büros“, sagte Prof. Wolfgang Sonne. Das Baukunstarchiv NRW stelle zunächst nur den Raum – sei aber inhaltlich im Nachgang verbunden, führte der wissenschaftliche Leiter des Baukunstarchivs NRW aus. Denn einige der gezeigten Objekte würden nach Ende der Präsentationszeit ins Archiv des BKA NRW aufgenommen. „Damit drehen wir die Reihenfolge um: Wir zeigen erst die Objekte, und dann folgt die Archivierung für die Ewigkeit“, schmunzelte Wolfgang Sonne.
Dem Baukunstarchiv NRW übergeben werden u.a. Archivalien zu den Projekten Gerling-Quartier Köln und Landesarchiv NRW in Duisburg: „Wie immer ist manches Wertvolle darunter, vieles ist auch Tant“, so Christian Heuchel.
Das Sphinx-Projekt versuche, ein Manifest zu formulieren als Quintessenz vieler Jahrzehnte der Bürokultur und der praktischen Erfahrung. „Die zehn Beispiele, die wir in der Ausstellung zeigen, sind allesamt gebaut. Wir sprechen hier über nichts Theoretisches, sondern über reale Bauten, die Sie im Stadtraum erleben können.“ Die präsentierten Zeichnungen von Laurids Ortner seine bewusst keine exakten Architekturrenderings, sondern zielten darauf ab, Emotion zu vermitteln und beim Betrachter oder der Betrachterin zu wecken.
„Wieviel Subversives aus der Geschichte von Ortner und Ortner (gegründet als „Haus-Rucker-Co“ 1967 in Wien) steckt noch in O&O Baukunst?“ Auf diese Frage antwortete Prof. Christian Heuchel vieldeutig. „Heute ist ja das Neue das Alte.“ Die Avantgarde der 1960er Jahre – zu Zeiten der Bürogründung – habe das Ziel verfolgt, gegen das bleierne Establishment aufzubegehren und neue Wege freizuschlagen. „Wir wollen heute innovativ und rätselhaft sein – aber nicht unbedingt subversiv.“
Ausstellungszeitraum: 12.5.– 25.6.2023 im Baukunstarchiv NRW. Zur Ausstellung ist eine Zeitung erschienen. Mehr Infos hier.
Text: 12.5.23, Christof Rose
Im Rahmen der Ausstellung wird zu einer Lesung am 25.5. um 19 Uhr eingeladen (Eintritt kostenfrei). Die Autoren Christian Heuchel und Daniel Khafif (Hg.) lesen aus ihrem Buch „KUNST BAU PUNK – Impulse zur Beseelung aktueller Architektur“ in Dortmund. Anmeldung unter: info@baukunstarchiv.nrw – mehr Info hier.
Fotos: Architektenkammer NRW