Foto (Ausschnitt): Detlef Podehl

Das Gebäude am Dortmunder Ostwall, in dem das Baukunstarchiv NRW Sitz und Präsentationsräume gefunden hat, ist durch eine wechselvolle Geschichte gekennzeichnet.

Errichtet wurde das Gebäude von 1872–1875 als Landesoberbergamt nach einem Entwurf des Berliner Architekten Gustav Knoblauch. Ab 1911 beherbergte es nach einem Umbau nach den Plänen des Stadtbaurats Friedrich Kullrich die städtische Sammlung des 1883 gegründeten Museums für Kunst und Kulturgeschichte.

Nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges gab es in Dortmund zunächst keinen Ort für die städtischen Kunstsammlungen. Der Rat der Stadt beschloss 1947, auf Basis der vorhandenen Gebäudereste des früheren Landesoberbergamtes einen Museumsneubau zu errichten, in dem das neue „Museum am Ostwall“ eine Heimstatt finden sollte. Die Verbindung eines modernen Bauwerks mit der historischen Bausubstanz sollte einen einzigartigen Ort schaffen, an dem die von den Nationalsozialisten verfemte Kunst der Moderne ebenso präsentiert werden konnte wie Arbeiten Dortmunder Künstler. Der Neubau des Museumsgebäudes erfolgte unter Nutzung noch vorhandener Gebäudeteile und Baumaterialien, darunter insbesondere der sogenannte Lichthof mit der originalen Konstruktion der Lichtdecke. Er wurde schon 1947–1949 unter tatkräftiger Mithilfe von Dortmunder Bürgern ohne öffentliche Gelder wiederhergerichtet. Der Lichthof ist damit der älteste und der schönste Veranstaltungssaal Dortmunds und der einzige überlebende Kulturbau in Dortmunds Innenstadt aus der Kaiserzeit.

Das Museum am Ostwall entwickelte unter der Leitung von Gründungsdirektorin Leonie Reygers ab 1949 international beachtete Ausstellungen und baute systematisch als eines der ersten deutschen Nachkriegsmuseen eine Sammlung für die Kunst des zwanzigsten Jahrhunderts auf. Im Zuge der Innenstadtentwicklung und der Kulturhaupstadt Ruhr.2010 wurde das Museum am Ostwall in das neue Kulturzentrum „Dortmunder U“ verlegt; das Gebäude am Ostwall 7 stand leer.

Nach Diskussionen um Abriss und Verkauf des Grundstücks folgte der Rat der Stadt Dortmund schließlich der Empfehlung von Oberbürgermeister Ullrich Sierau, das historisch wichtige Bauwerk im Herzen der Stadt zu erhalten und für eine Folgenutzung als Baukunstarchiv NRW herzurichten. Nachdem sich die Bürgerinitiative „Rettet das ehemalige Museum am Ostwall“ für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt hatte, nahm der Stadtrat am 11. Dezember 2014 mit Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Piraten seinen Abriss-Beschluss von 2010 zurück.

Historische Details und Bauforschung:

Ein 2014 im Klartext Verlag erschienenes Buch von Sonja Hnilica beleuchtet die Geschichte des alten Museums am Ostwall. Wir zitieren daraus einige zentrale Erkenntnisse:

Intensive Recherchen am Lehrstuhl für Geschichte und Theorie der Architektur an der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund förderten Erstaunliches – ja sogar Unglaubliches – zu Tage:

  • „Da 80% der heutigen Bausubstanz – aufgehendes Mauerwerk bis zum Dach – von 1875 stammen, handelt es sich bei dem Alten Museum am Ostwall um das älteste Profangebäude der Dortmunder Innenstadt. Kein nichtsakrales Haus auf dem Gebiet des mittelalterlichen Dortmund ist älter als dieses Haus.
  • Der bis auf einige Marmorplatten und Stuckkapitelle völlig erhaltene Lichthof des Alten Museum am Ostwall ist nicht nur der einzige erhaltene Versammlungsraum des Stadtbaumeisters Kullrich, sondern auch der einzig erhaltene öffentliche Innenraum der Kaiserzeit in Dortmund.
  • Mit seinem Umbau 1911 vom Oberbergamt zum städtischen Museum für Kunst und Kunstgewerbe stellt das Alte Museum am Ostwall den ältesten und prominentesten Zeugen des Strukturwandels im Ruhrgebiet vom Bergbau zur Kultur dar – schon 100 Jahre vor der europäischen Kulturhauptstadt Ruhr.2010.
  • Mit der auch heute noch dem Bau ablesbaren Umformung durch Leonie Reygers ist der Bau als erstes nach dem Krieg neu eingerichtetes Museum für moderne Kunst in Deutschland ein einmaliges Zeugnis für den kulturellen Neubeginn in einer demokratischen Gesellschaft nach der nationalsozialistischen Herrschaft.“

(aus: Das Alte Museum am Ostwall, Sonja Hnilica)

Die Betreiber des Baukunstarchivs NRW sind stolz und glücklich, dass bei den Revitalisierungsmaßnahmen des Gebäudes in den Jahren 2017/2018 diese baukulturellen Zeugnisse weitestgehend erhalten werden konnten. Überzeugen Sie sich selbst bei einem Besuch im Baukunstarchiv NRW!