Foto (Ausschnitt): Detlef Podehl

Gute Architektur hat Bestand über viele Generationen – und ist doch ein vergängliches Gut. Das gilt für die Gebäude selbst, das gilt auch für die Planung und alle begleitenden Prozesse, die zu einem Bauwerk oder zu städtebaulichen Lösungen führen. Deshalb stellt sich die Frage, wie Nachlässe von Architekten und Planern gesichert werden können, die das Planungs- und Baugeschehen der Nachkriegszeit maßgeblich beeinflusst haben.

Diese immer drängender werdende Frage hat in den vergangenen Jahren ganz unterschiedliche Personen und Institutionen in Politik, Verwaltung und Wissenschaft sowie in den Berufsorganisationen der Architekten und Ingenieure aktiv werden lassen mit dem Ziel, die Nachlässe bedeutsamer Architektinnen und Architekten, Innenarchitekten, Landschaftsarchitekten, Stadtplaner und Ingenieure zu archivieren, wissenschaftlich zu erschließen und sie Planern und Forschern systematisch zugänglich zu machen.

Nachdruck erhält das Engagement auch durch den Wunsch, die Nachlässe einer einflussreichen Generation bedeutender Baumeister nicht in überregionale Spartenarchive außerhalb Nordrhein-Westfalens abwandern zu lassen – oder sie womöglich für immer zu verlieren. Für Nordrhein-Westfalen würden dadurch wichtige baukulturelle Quellen versiegen.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Stiftung Deutscher Architekten, die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen, die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen und der Förderverein für das Baukunstarchiv NRW zusammengefunden und ein gemeinsames Konzept für den Aufbau eines „Baukunstarchivs NRW“ erarbeitet. [Sammlungskonzept]

Zentrale Einrichtung für Nordrhein-Westfalen

Das Baukunstarchiv ist eine zentrale Einrichtung zur Archivierung von nordrhein-westfälischer Architektur und Ingenieurbaukunst, die zugleich als Knotenpunkt für ein dezentrales Netzwerk fungiert. Dieses Kooperationsmodell stellt im Vergleich mit den Aktivitäten in anderen Bundesländern ein Novum dar, dessen Wert nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.

Eine enge Anbindung an die Technische Universität Dortmund sichert die wissenschaftliche Arbeit. Die Zusammenarbeit mit weiteren Hochschulen wird gesucht. Indem die Stadt Dortmund sich bereit erklärte, das ehemalige „Museum am Ostwall“ zu revitalisieren und der Betreibergesellschaft des Baukunstarchivs NRW miet- und abgabenfrei zur Verfügung zu stellen, und dank der Unterstützung des NRW-Bauministeriums im Rahmen der Städtebauförderung, konnte aus einer lang gehegten Idee ein klares Ziel werden, das im Herbst 2018 mit der Eröffnung des Baukunstarchivs NRW realisiert werden wird.

Öffentlicher Ort der Baukultur

Das Baukunstarchiv NRW widmet sich nicht alleine der wissenschaftlichen Aufbereitung des Archivgutes: Es ist auch ein öffentlicher Ort für den baukulturellen Diskurs.

Überlieferungen im Bereich der Architektur und der Ingenieurbaukunst sind von hohem kulturellen und historischen Wert. Das gilt insbesondere für Überlieferungen in Form von Vor- und Nachlässen der Architekten, Stadtplaner und Ingenieure sowie der Bauabteilungen von Behörden, Kirchen und privaten Firmen. Architektur ist gebaute Geschichte, und die Art und Weise, wie Architektur entsteht, reflektiert in der Regel grundlegende historische Prozesse, die nicht nur ingenieurstechnisch, sondern auch gesellschaftswissenschaftlich von großer Aussagekraft sind. Die Forschungsergebnisse des Baukunstarchivs NRW werden deshalb kontinuierlich einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt.

Neben dem kurzfristigen Nutzen wirkt eine gezielte Sammeltätigkeit auch langfristig. Planungsdokumente können im Laufe der Kulturgeschichte einen eigenen Kunststatus entwickeln und ihren Wert entsprechend vervielfachen.

Als einzige zentrale Einrichtung für die Archivierung von Architektur und Ingenieurbaukunst in Nordrhein-Westfalen („Spartenarchiv“) besteht seit 1995 das „A:AI Archiv für Architektur und Ingenieurbaukunst NRW“ an der Technischen Universität Dortmund. Diese Sammlung bildet die Grundlage der Sammlung des Baukunstarchivs NRW.

Die Vermittlung von neu erworbenem Wissen über die historische und gegenwärtige Baukultur des Landes NRW stellt ein weiteres zentrales Ziel des Baukunstarchivs NRW dar. Ein primäres Medium bilden dabei Ausstellungen, öffentliche Vorträge und wissenschaftliche Tagungen, die ebenfalls in Kooperation mit Hochschulen oder anderen Kulturinstitutionen durchgeführt werden können. Aus Forschungsarbeiten und Ausstellungen werden zudem Bücher und Kataloge hervorgehen, die dazu beitragen, bauhistorische und baukulturelle Erkenntnisse dauerhaft zu vermitteln.

Das geschichtsträchtige Gebäude des ehemaligen Museums am Ostwall in Dortmund bietet hierzu alle räumlichen Voraussetzungen. Mehr noch: Aufgrund seiner Geschichte und wechselvollen Entwicklung ist das Gebäude am Dortmunder Ostwall ein lebendiges Beispiel dafür, welche erzählerische Kraft Architektur als gebaute Geschichte entfalten kann. Die Entscheidung für das ehemalige Ostwallmuseum bestätigt einmal mehr das Prinzip: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft bauen!“