Als „eine Sternstunde unserer Projektarbeit für den Berufsnachwuchs“ wertete Gabriele Brand, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Deutscher Architekten, den Bericht junger Planerinnen und Planer über das erste „Hands-on“-Projekt der Stiftung, an dem sie zu Jahresbeginn in Mae Sot (Thailand) teilgenommen hatten. Mit Erfolg, denn innerhalb von nur sieben Wochen plante und baute die Gruppe von 16 angehenden Architekt*innen aller Fachrichtungen unter Anleitung von Architekt Jan Glasmeier vier neue Schulräume in Lehmbauweise.
„Ihr habt sehr viel gegeben, aber noch mehr mitgenommen“, lobte auch Ernst Uhing, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, das außergewöhnliche Engagement der jungen Planerinnen und Planer. Vorstand und Kuratorium der Stiftung Deutscher Architekten (SDA) zogen auf ihrer gemeinsamen Sitzung am 16. Mai im Baukunstarchiv NRW ein durchweg positives Fazit. Fast alle Teilnehmer*innen des ersten „Hands-on“-Projektes der Stiftung waren als Gäste gekommen, um den Gremien der Stiftung über das Projekt „Schulbau in Mae Sot, Thailand“ zu berichten.
Erfahrungen zum Lehmbau
„Etwa ein Drittel der Menschheit lebt bis heute in Lehmbauten, dem wohl ältesten Baumaterial der Welt“, führte Teilnehmerin Franziska Müller in das Mae-Sot-Projekt ein. Ziel sei es gewesen, mit lokalen Baumaterialien vier Klassenzimmer zu errichten, die eine dringend notwendige Raumergänzung für die „New Day School“ darstellen würden – eine Schule, die unmittelbar an der Grenze zu Myanmar liegt und in der viele Flüchtlingskinder unterrichtet werden. Die Erfahrungen, die in dem Hands-on-Projekt mit der Praxis des Bauens mit selbstgeformten Lehmziegeln und Lehmputz gesammelt werden konnten, seien auch ein Beitrag zur Forschung des Lehmbaus, resümierte Ernst Uhing, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutscher Architekten. „Nicht nur, dass wir etwas Konkretes hinterlassen haben, erfüllt mich mit Freude“, berichtete Projektteilnehmer Sebastian Rupp, „sondern vor allem, dass wir kollaborativ über die Kulturen hinweg und mit den Kindern vor Ort lernen und uns Wissen erarbeiten konnten“.
„Der Erfolg dieses schönen Projektes legt es uns nahe, weiteren jungen Kolleginnen und Kollegen die Chance zu geben, eine solch intensive Erfahrung zu machen“, erklärte Sarah Escher, Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Deutscher Architekten. Nach Einschätzung von Jan Glasmeier, dem Projekt-leitenden Architekten des Büros „simple architecture“, kann ein solches Projekt auch Vorbild sein für andere Bauten in der Region im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe“.
Vorstand und Kuratorium beschlossen, schon im kommenden Jahr ein weiteres Hands-On-Projekt in Thailand durchführen zu wollen.
Gansers Planungsmethode
Die aktuelle Stipendiatin der Stiftung, Dr. Anna Kloke, stellte den SDA-Gremien einen Zwischenbericht zu ihren Forschungen zu Karl Ganser und seinem Weg zu einer integrativen Stadtentwicklung vor. Leitfragen ihrer Untersuchungen sind: Was ist Karl Gansers Planungsansatz in welchem Umfeld? Wie hat sich dieser Planungsansatz im Laufe der Zeit verändert? Wo wirkte Karl Ganser selbst prägend?
„Karl Ganser übte über Jahrzehnte einen starken Einfluss auf die Planungsentwicklung in Deutschland aus, weit über die Phase der IBA Emscher Park hinaus“, stellte Dr. Kloke fest. Ganser habe 60 Jahre lang viel publiziert, und das nicht nur in Fachmagazinen, sondern auch in den großen Tageszeitungen. „Er hat das als Instrument der Rezeptionssteuerung genutzt und auf diese Weise gezielt gesellschaftspolitisch Einfluss genommen“, stellte Anna Kloke fest.
SDA-Vorstandsmitglied Prof. Rolf-Egon Westerheide betonte die Bedeutung des „Perspektivischen Inkrementalismus“, der eine ganze Generation von Planerinnen und Planern geprägt habe. Das Konzept des „Durchwurschtelns mit klarer Zielvorstellung“ könne heute, in Zeiten vielfältiger Krisen und ungewisser Zukunftsaussichten, wieder die Diskussion beleben.
Reflexionsseminar in Venedig
Prof. Rolf-Egon Westerheide berichtet über die Fachexkursion von Absolventinnen und Absolventen nach San Servolo in Venedig im Herbst 2022. „Wir schlagen vor, weiterhin junge Kolleginnen und Kollegen zu einer Reflexionsexkursion nach Venedig einzuladen, und zwar in Verbindung mit der Architekturbiennale, die sich im Jahr 2025 mit dem Thema ‚Intelligens. Natural. Artificial. Collective.‘ befassen wird“, erläuterte Westerheide. Die Auseinandersetzung werde an der Schnittstelle zwischen Genetik, KI und den Kräften der Natur liegen. Vorstand und Kuratorium beschlossen, die Exkursion für den Herbst 2025 für eine Gruppe von 15 Personen auszuschreiben. Auf Anregung der Vorsitzenden des Kuratoriums, Sarah Escher, sollen die Hochschulen künftig eingeladen werden, das Thema vorab in ihrem Lehrbetrieb einzubinden.
Förderpreis 2025 wird in diesem Jahr ausgeschrieben
Einstimmig beschlossen die Gremien auch die erneute Auslobung des „Förderpreis“ der Stiftung Deutscher Architekten. Die Stiftung Deutscher Architekten lobt ihren Förderpreis alle zwei Jahre aus, um besonders begabte Absolventinnen und Absolventen aller Fachrichtungen auszuzeichnen und auf ihrem Weg in den Beruf zu motivieren. Im Jahr 2025 soll der Förderpreis zum 20. Mal vergeben werden.
Baukunstarchiv NRW mit steigenden Besucherzahlen
Der Geschäftsführer des Baukunstarchivs NRW, Markus Lehrmann, stellte den Gremien einen umfassenden Rückblick auf das Jahr 2023 vor. Die Besucherzahlen hätten sich sehr erfreulich entwickelt und würden weiter steigen. Highlights seien Ausstellungen wie „Testapolis“, „Lilo Vogt“ sowie die Präsentation von Architekturpreisen einiger Verbände gewesen. „Wir erreichen damit ein sehr vielfältiges, breit gefächertes Publikum“, resümierte der Hauptgeschäftsführer der Architektenkammer NRW und Geschäftsführer des Baukunstarchivs.
Im laufenden Jahr sei die große Ausstellung „Heinrich Tessenow“ ein Highlight, das nicht nur von vielen Studierenden- und Architektengruppen besucht werde, sondern auch ein interessiertes Kulturpublikum anspreche. „Wir hatten bereits über 2000 Besucherinnen und Besucher in der Ausstellung“, so Lehrmann, „eine beeindruckende Resonanz für eine Fachausstellung.“
Dem Baukunstarchiv NRW gelinge es auch immer wieder, Fördergelder für die Erschließung von Nachlässen zu akquirieren, so etwa zu Hans Junghanns, Werner Ruhnau sowie dem Vorlass von Roland Günter. Insgesamt befinden sich aktuell rund 100 Vor- und Nachlässe im Eigentum der BKA NRW gGmbH.
Haushaltplan 2024/25
Einstimmig beschlossen die Gremien den Haushaltsplan für die zwei kommenden Jahre, den Geschäftsführer Markus Lehrmann präsentierte. Die Stiftung stehe finanziell auf soliden Füßen, sodass die geplanten Projekte für die satzungsgemäße Verausgabung umgesetzt werden könnten. Auch Wirtschaftsprüfer Ralf Sieben (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. Stallmeyer GmbH) attestierte der Stiftung Deutscher Architekten „geordnete wirtschaftliche Verhältnisse“ und eine Basis, welche die Stiftung in die Lage versetze, kurzfristig auf Veränderungen reagieren“ zu können.
Text: Christof Rose