Für uns ist es heute selbstverständlich, dass der Staat baut. Doch: Wo kommt das staatliche Bauen her?“ Danach fragte Prof. Dr. Wolfgang Sonne, Wissenschaftlicher Leiter des Baukunstarchivs NRW, im Rahmen der Ausstellungseröffnung zu „Staatsaffäre Architektur“ in Dortmund. Innerhalb offener Fragerunden beteiligten sich zahlreiche Gäste aktiv an einem Gespräch, das der Impulsgeber der Ausstellung, Dr. Hans-Dieter Nägelke (Architekturmuseum TU Berlin), mit Kurator Dr. Christian Welzbacher führte.
„Staatsaffäre Architektur: Von der preußischen Bauverwaltung zur Reichsbauverwaltung 1770-1933“ ist bis zum 12. Juli im Gartensaal des Baukunstarchivs NRW zu sehen. Beispielhaft wird die Preußische Bauverwaltung sowie die Bauverwaltung des Reiches von 1770 bis 1933 analysiert; zentrale Bauaufgaben werden aufgezeigt. Auch unternimmt die Schau Ausblicke nach Frankreich und Österreich und stellt wichtige Bauwerke und Persönlichkeiten dar – von Karl Friedrich Schinkel (1781 – 1841) bis Martin Kießling (1879 – 1944).
Ergebnisse einer umfassenden Forschungsarbeit
In der Ausstellung gilt es Informationstafeln zu erkunden, die Erkenntnisse aus der Forschung zum Thema bündeln und anschaulich darstellen. Besucher*innen können auf Zeitreise gehen; dabei kann die Entwicklung und das Verhältnis zwischen Architektur und Bauverwaltung näher betrachtet werden.
Kopien von Originalfotos, Dokumenten und Zeichnungen geben authentische Eindrücke in die Thematik. Durch die Kontextualisierung und Einbettung von Ereignissen und Forschungsergebnissen in einen Zeitstrahl, gestaltet sich der Gartensaal des Baukunstarchivs NRW so zu einem Rundgang durch die Geschichte.
„Zahlreiche Dokumente liegen an ehemaligen preußischen, technischen Hochschulen, damit Studierende daran lernen konnten und die Verwaltung darauf Zugriff hatte“, informierte Dr. Hans-Dieter Nägelke. Auch die Technische Universität Berlin habe so Zugriff auf wichtige Nachlässe, die bis heute systematisch dokumentiert werden – und die in die Ausstellung miteingeflossen seien.

Staatsaffäre Architektur im Baukunstarchiv NRW.- Foto: Detlef Podehl
Die Wanderausstellung wurde erstmalig 2023 in Berlin gezeigt und ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts am Architekturmuseum der TU Berlin. Das Projekt wurde vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumplanung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) im Rahmen des Programms „Zukunft Bau“ gefördert.
Die Präsentation im Baukunstarchiv NRW ist der zweite Stopp von „Staatsaffäre Architektur“. Thematisch eingegliedert sei die Ausstellung an diesem Ort genau richtig, erklärte Prof. Dr. Wolfgang Sonne und bezog sich dabei auf die Geschichte des Gebäudes, in dem heute das Baukunstarchiv NRW sitzt: Errichtet wurde das Bauwerk von 1872–1875 als Landesoberbergamt nach einem Entwurf des Berliner Architekten Gustav Knoblauch – ein Bauwerk gebaut vom Staat für den Staat.
Lehren für die Gegenwart
Die Bauverwaltung habe im Laufe der Geschichte einerseits regulatorische Aufgaben übernommen, aber auch viele innovative Ideen gegeben. „Und das ist ein spannender Aspekt gewesen, der vielleicht auch noch viel zu wenig im Bewusstsein war“, erklärte Dr. Hans-Dieter Nägelke im Rahmen der Vernissage.
Die Ausstellung solle auch gegenwärtige Fragen fruchtbar machen – immer mit Bezug auf das Material aus der Vergangenheit. So sind Lehren und Erkenntnisse auch für die Bauverwaltung heute herausgearbeitet worden. „Wenn man die Ausstellung aus der Gegenwart herausliest, dann wird man auch Antworten finden auf die die Dinge, die uns heute beschäftigen“, erklärte der Kurator Dr. Christian Welzbacher.
„Staatsaffäre Architektur“ zeige, dass staatliches Bauen zumeist ökonomisch ist und sachlich wichtig ist, aber gleichwohl auch kulturell von großer Bedeutung, resümierte der Moderator Prof. Dr. Wolfgang Sonne zum Abschluss der Vernissage.

Vernissage: Es zeigte sich ein reges Interesse gerade junger Menschen. – Foto: Detlef Podehl
Zur Wanderausstellung ist ein Katalogbuch erschienen, der weitere Einblicke in die Forschungsarbeit gibt: Hans-Dieter Nägelke und Christian Welzbacher (Herausgeber): Staatsaffäre Architektur. Von der preußischen Hochbauverwaltung zur Reichsbauverwaltung 1770-1933; Aachen: Geymüller 2023
Ausstellung: Staatsaffäre Architektur. Von der preußischen Bauverwaltung zur Reichsbauverwaltung 1770-1933. – Laufzeit: 9. Mai bis 12. Juli 2025 im Baukunstarchiv NRW. Informationen auch hier.
Text: 13.05.2025, Melina Beierle