Wie lässt sich öffentlicher Raum heute definieren – und für wen ist er zugänglich? Mit public preposition untersucht Mischa Kuball diese Fragen unmittelbar im Stadtraum und überführt sie in den Ausstellungsraum des Baukunstarchivs NRW. Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass Öffentlichkeit kein statischer Zustand ist, sondern sich aus Beziehungen zwischen Orten, Menschen und Bewegungen formt.

Kuball macht diese Beziehungsgeflechte sichtbar, indem er historische, politische und alltägliche Kontexte markiert und neu lesbar macht – in drei Interventionen im Dortmunder Stadtraum, in einer Ausstellung, die als fortlaufender Prozess angelegt ist, sowie einem vertiefenden Symposium.

Eine Vernissage zum Projekt im Baukunstarchiv NRW findet am 15. Januar statt – weitere Informationen zum Programm der Ausstellungseröffnung finden Sie hier.

Das Öffentliche publik machen

Die Bedeutung von Kunst im öffentlichen Raum hat sich seit der Moderne stark gewandelt. Dies zeigt sich bereits in der an Giovanni Battista Nolli (1701 bis 1756) anknüpfenden Überlegung, dass „der öffentliche Raum“ keine homogene Größe ist, sondern sich aus einer Vielzahl partikularer Räume zusammensetzt, jeweils mit eigener, teilweise begrenzter Offenheit. Nollis Verdienst als Architekt, Vermesser und Kartograf bestand darin, Öffentlichkeit über Zugänglichkeit zu definieren und nicht über Baustruktur. Dieses Prinzip wirkt in der Stadtplanung bis heute fort, etwa bei der Analyse von Bewegungsräumen.

Grafik/Collage: Ein Ausstellungsraum, in der Mitte sind Bauzäune mit Bannern. - Bildcredit: Simulation public preposition: Baukunstarchiv NRW © Studio Mischa Kuball

Bildcredit: Simulation public preposition: Baukunstarchiv NRW © Studio Mischa Kuball

Heute ist die Vermessung des öffentlichen Raums komplexer denn je: Der Grad der Zugänglichkeit, und damit ein entscheidendes Kriterium für die Charakterisierung eines Raumes als öffentlich, hat sich stark ausdifferenziert. Private Räume, die nur auf Einladung erschlossen werden können, stehen neben privat verwalteten Räumen mit selektivem Zugang; öffentliche Territorien können temporär geschlossen sein, während andere dauerhaft zugänglich sind.

public preposition – Kunst, die Beziehungen im urbanen Raum sichtbar macht

In seiner Projektreihe public preposition stellt Mischa Kuball das Thema des öffentlichen Raumes in einen erweiterten Kontext. Der Künstler lotet mit unterschiedlichen Strategien das Potenzial einer Kunst aus, die bewusst das Refugium der institutionellen Sphäre – in Bezug auf die Neuvermessung des Urbanen und seines Publikums – verlässt. Nicht nur Zugänglichkeit definiert öffentlichen Raum, sondern auch die Möglichkeit der Partizipation.

Kuballs temporäre Interventionen beziehen soziale, politische oder kommunale Spezifitäten mit ein und aktivieren das Potenzial einer veränderten Wahrnehmung scheinbar vertrauter urbaner Zusammenhänge. Entscheidend ist dabei der exemplarische Charakter der verschiedenen Installationen „Preposition“ verweist auf Begriffe wie „auf“, „unter“ oder „neben“, die räumliche Beziehungen markieren und somit das Verhältnis zwischen historischen Stätten und ihrem Kontext ins Zentrum rücken.

Interventionen im Stadtraum und performative Prozesse im Archiv

In diesem Sinne eröffnet Kuball mit seiner public preposition in Dortmund eine Debatte, wie wir heute öffentlichen Raum, Öffentlichkeit und Teilhabe erfahren und über welchen Gestaltungsspielraum wir verfügen. Ab dem 7. Januar 2026 realisiert der Künstler drei öffentliche Interventionen im Dortmunder Stadtraum in Vorbereitung der Präsentation im Baukunstarchiv NRW. Dafür werden Bauzäune mit Bannern aus der Serie public preposition bestückt und für eine Woche im Innenstadtraum sichtbar installiert. Anschließend wandern die Banner in den Innenraum des Baukunstarchiv NRW am Ostwall in Dortmund, wo sie um weitere Banner und Videoprojektionen ergänzt werden, die internationale Projekte aus dem Werkkontext zeigen.

Bauzäune im öffentlichen Raum, dahinter sind Pflanzen, Gebäude und Menschen. - Bildcredit: Simulation public preposition: Baukunstarchiv NRW © Studio Mischa Kuball

Bildcredit: Simulation public preposition: Baukunstarchiv NRW © Studio Mischa Kuball

Ein QR-Code auf den Bannern verweist zudem auf Bild- und Textinhalte aus anderen Städten. Vertieft werden die Fragestellungen auf einem Symposium zur Rolle von Kunst im öffentlichen Raum am 6. März 2026.Mit der Eröffnung wird die Ausstellung als Prozess sichtbar: Während die oberen Zaunelemente bereits behangen sind – ihre Höhe erfordert den Einsatz einer Hebebühne –, bleiben die unteren Segmente zunächst leer. Im Sinne eines performativen Akts werden diese während der Eröffnung mit Projekten aus dem Stadtraum und dem internationalen Kontext public preposition bestückt. Dieser Prozess setzt sich über die Laufzeit fort und macht den fortwährenden Charakter des Projekts sichtbar. Die sukzessive Hängung wird u.a. von Studierenden der Fachhochschule Dortmund unter der Leitung von Achim Mohné ausgeführt.

Kurzbio Mischa Kuball

Mischa Kuball, Konzeptkünstler, * 1959 in Düsseldorf (DE), lebt in Düsseldorf, arbeitet seit 1977 im öffentlichen und institutionellen Raum. Er nutzt das Medium Licht, um architektonische Räume sowie soziale und politische Diskurse zu erforschen und reflektiert eine Vielzahl von Aspekten von soziokulturellen Strukturen bis hin zu architektonischen Interventionen, deren Monumentalität und architekturgeschichtlichen Kontext er betont oder neu interpretiert. In politisch motivierten Partizipationsprojekten verschmelzen öffentlicher und privater Raum zu einem ununterscheidbaren Ganzen und bieten eine Plattform für die Kommunikation zwischen Publikum, Künstler, Werk und öffentlichem Raum.

Mischa Kuball ist seit 2007 Professor für Kunst im öffentlichen Raum an der Kunsthochschule für Medien, Köln, und war 2002-2008 Professor für Medienkunst an der Hochschule für Gestaltung/ZKM, Karlsruhe. Seit 2015 ist er Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Düsseldorf. Im Jahr 2016 wurde er mit dem Deutschen Lichtpreis ausgezeichnet. Seit 2021 ist er assoziiertes Mitglied des Exzellenz Clusters ‚Matters of Activity‘ der Humboldt Universität Berlin.

Weiterführende Links:

www.public-preposition.net
www.mischakuball.com

Text: 19.12.2025